Titelkampf



Achim geht den langen Gang entlang und wünscht sich ein paar Zentimeter größer zu sein. Seine Beine wären länger, er würde weiter ausschreiten können und wäre schneller am Ziel. Für den Moment ist das nächste Ziel eine Tür, die er hinter sich schließen kann. Die sich verankert, wie ein Schott. Vor dem Ziel kommt der Start. Achim übertritt gerade die Schwelle um in den nächsten Sitzungsraum zu gelangen. Vor ihm ein Spalier aus Blitzlicht und Mikrofonen, gehalten von lauernden Menschen. Der Gang wird durch das Drängen der Menschenkörper enger. Sie wollen alle zu ihm. Er muss an allen vorbei, durch sie hindurch. Sicherheitsleute mit ausgebreiteten Armen schaffen Platz für Schritte. Achim läuft wie in Zeitlupe und wünscht sich doch zu springen. Die Krawatte zwickt an dem bügelsteifen Hemd. Die Brille beschlägt durch diese ewig präsente Maske. Was für eine Strafe als Brillenträger! Sein Kopf dreht auf dem exakten Kragen von rechts nach links. Wenn es zu viel wird, schaut er kurz runter, als suche er den sicheren Tritt auf dem Balken über dem Abgrund. Seine Augen versuchen zu lächeln. Er muss Entschlossenheit ausstrahlen. Wieder hat er ein paar Schritte geschafft. Er lächelt, er nickt, rechts, links. Die Profis lauern und rufen weiter Fragen, dokumentieren jede Regung, hoffen auf den Fehltritt. Er spürt die Schritte nicht, die seine Füße gehen. Armins Blick geht nach vorn, die Tür, das Schott. Von beiden Seiten fliegen Fragen durch die Luft, wie das Schreien von Möwen, gleichzeitig, alle gleich, weit weg. Abwesend und einstudiert geht Achim durch das Spalier. Er ist nicht zum Gladiator geboren und ist doch auf dem Weg in die Arena.
Magnus wird gezogen. Seine Blicke fixieren schnell, ordnen zu. Der Zauberlehrling rief die Gehilfen! Sie stehen Spalier und verrichten ihren Dienst. Die Mikrofone als Palmenwedel und jedes Blitzen der Apparate bringt Magnus‘ Krone mehr zum strahlen. Der Gang ist schmal: Magnus zum anfassen. Erhobenen Hauptes, mit festem Schritt, geht er auf die Jünger zu. Von ihm gerufen und doch verzückt bei ihrem Anblick. Kleine Fältchen um die lächelnden Augen. Er schaut nach bekannten Gesichtern, nickt angedeutet. Die Scheinwerfer sind für ihn Wärmelampen der Seele. Magnus trägt den Aktenordner als Insigne des Wissens, der Prokura, gegeben von seine Wählern, den Gescheiten. Er trägt die Papiere fest umschlossen und hätte doch eifrig, helfende Hände im Schatten. Er könnte schneller gehen, aber warum denn? Das Leben, sein Leben hat in solchen Momenten überhaupt erst Sinn. Seine Erfahrung bremst ihn etwas beim Gehen. Eilt er zu sehr, kippt das Bild schnell ins einfältige Tapsen. Der Anblick schmerzt bei der Nachschau auf den Medienkanälen des Landes. Das muss er verhindern. Jetzt muss er nur geradeaus. Seine Brust treibt die Schneise durch die Aufmerksamkeit. Er hört wohl jede Frage und ignoriert sie. Er bestimmt, er redet. Magnus nutzt Fragen als Stichwortgeber, nicht als Fakten. Er schreitet und steht doch. Magnus dirigiert und gibt den Takt vor. Die Tür kommt schon näher, viel zu schnell. Das Spalier wirkt wie Eukalyptus auf seine Lunge. Er wächst, er wird gebraucht, gerufen, als Zauberlehrling.
zwei Männerschatten an der Wand. der eine ist etwas schmaler und kleiner