Hermannstadt und Leipzig, die eine denkt, die andere stirbt. So könnte ich emotional und schnell urteilen, außerdem ist es eine These, die eventuell zum Weiterlesen aufmuntert. Vor einer Woche war ich in Hermannstadt oder besser in Sibiu. Danach sind die Eindrücke in ein paar Zeilen kondensiert.
Hermannstadt
Stolz oben das deutsche Kreuz mit dem Richterstuhl.
die Ringe der Macht dreifach geschmiedet.
Sächsische Hände bauten Wälle und Burgen.
Schild gegen Land, so der Handel
Die Burgen widerstehen.
Davor die Hütten leuchten von feindlichen Fackeln.
Die sieben Richter blieben,
ragen mit ihren Türmen weit über das Land.
Sie alle brauchen heute Stützen.
Der Verfall kam nicht auf dem Pferd.
Als Burgherr die Armee der Verbrecher untergrub die Ringe.
Der Rücken brach, die Menschen wurden vertrieben.
Die Vergangenheit Hülle wird zur renovierten Folklore.
Touristen mit Hut und Cappuccino beleben das Pflaster.
Die jungen Kellner sprechen ihre Sprache, nicht die der Richter.
Was sollten sie auch mit deutschen Worten in ihrer Welt?
Und was ist mit Leipzig? Leipzig denkt.
So der Titel einer mehrtägigen philosophischen Veranstaltung vor und in verschiedenen Orten der Innenstadt, der alten. Alt ist Leipzig viel älter als Sibiu. Wie es so ist mit den Erinnerungen und den Aufzeichnungen, je weiter sie zurückliegen, umso unschärfer werden sie. Aber ganz grob hat Leipzig wenigsten eintausend Jahre mehr an bewegten Steinen, als in den Grundmauern von Hermannstadt steckt. Sibiu ist im Vergleich also jung und vielleicht beginnt gerade eine neue Phase der Stadt, die den Augenblick lebt und die Vergangenheit hinter sich lässt.
Ich war nicht in Leipzig, bei den Philosophen und interessierten Menschen, leider.
Ich bin bei denen, die sich selbst genug sind, habe da den Schlüssel zu meinem Leben und bestehe zwischen ihnen.
Aber ich war da. Ich habe ich Leipzig gewohnt, gelernt und gearbeitet. Es ist lange her, das Abi war 1987 beendet, Mitte der 90er zog ich weiter. Aber die Erinnerungen sind schön. Es ist in meinen Gedanken eine Stadt, die die Menschen mögen oder einfach schnell wegwollen. Sie polarisiert, sie fordert Haltung. Eine wache Stadt. Mit dem Blick zurück bin ich dort gewachsen, wenn auch nicht allzu hoch.
Für den Dialekt kann keine Region etwas. Wir geben dem Klang die Bedeutung, ordnen sie ein, bewerten.
Ich wäre gern dort, ich hätte gern in Leipzig gedacht, geredet und diskutiert.
Aber wie soll ich mich zerteilen?
Das Leben ist manchmal ungerecht.
Warum kann es nicht auf mich warten?