Mit Erwachsenen kann man nicht philosophieren.
Der Grund ist die Einstellung zum Dialog, zum Nachdenken.
Meine innere Haltung, die Fähigkeit, sich für anderer Argumente zu öffnen, sie aufzunehmen und zu überdenken, ist Voraussetzung für Gedankengänge und Rückschlüsse im philosophischen Sinn. Hier entsteht ein Miteinander mit dem Ziel des Pudels Kern näher zu kommen.
Nicht das Selbstbild, die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten des Ranges und der Wunsch zu diskutieren sind wichtig, sondern das Nachdenken um den Kern, nicht die Ursache, sondern wirklich der Kern des Problems. Eigenes Fachwissen vorgetragen und garniert mit Namen ist dabei hinderlich und verstellt die Sicht auf das „Wozu“. Im Gegenteil, Wissen im klassischen Bildungsbürgertum ist meist eine Ergänzung zum Gesagten oder ein Gegenargument. Philosophie bewegt sich nicht auf den wackligen Füßen des wissenschaftlichen Wissens.
Zum offenen Diskutieren braucht es kein Kontra zum Gesagtem, um das Gespräch lebendig zu halten, das ist das Konzept von Talkshows. Beim philosophieren kann nicht geklärt werden, ob der Klimawandel Menschen gemacht ist oder nicht, ob Veränderungen im Golfstrom verantwortlich sind für Wettererscheinungen vor der Haustür. Solches Gerede lässt das Ego leuchten, die Emotionen Luft holen und hat mit Philosophie nichts zu tun.
Es geht darum, sich zu wundern.
Gedankenspiele sind Spiele, auf die sich die Teilnehmer einlassen müssen, sich gemeinsam die Möglichkeit geben, einzutauchen in eine Idee. Sich die Welt ohne Qualität vorzustellen, zum Beispiel. Hier müssen wir zuerst klären, was ist Qualität überhaupt. Müssen oder können wir sie definieren? Angefangen beim Wort und seiner Bedeutung bis hin zu dem Sinn, dem wir dem emotionslosen Buchstaben als Wort aneinandergereiht geben. Zuerst müssen alle über das Gleiche nachdenken. Allein schon eine Gruppe von Erwachsenen gemeinsam an diese Startlinie zu bekommen ist fast unmöglich. Wären sie Sportler, stellt sich die Frage nicht. Ready, Steady, Go! Alle machen das Gleiche! Mit dem Ziel, als erste die Ziellinie mit manchmal körperlichen Verrenkungen zu erreichen. Hier zählt mentale Stärke, Muskeln und Technik, also die effiziente Anwendung der Kraft. Außerdem sind die Regeln ganz klar.
Beim Philosophieren braucht es Offenheit, Neugier, Arglosigkeit. Alles Eigenschaften, die wir als Kind hatten und die uns das Leben, wie wir es kennen, aberzogen hat. (Oder doch schon die Eltern?). Erwachsene können nicht, weil sie es wollen, es ihrem Selbstbild entspricht, aus dem Stegreif ergebnisoffen miteinander reden. Der Weg an die Startlinie ist kein leichter. Ohne Vorbereitung wird der Versuch in Streit enden. Nur die anerzogene Zurückhaltung verhindert, dass ein Gespräch eskaliert. Warum nicht den anderen mit seiner unsäglichen Meinung einfach ruhig stellen? Körperliche Gewalt ist noch immer gut als ein Argument im Augenblick. Nur bringt es die Runde nicht weiter.
Aggressionen und Emotionen zu leugnen, ist verlogen.
Ich meine die handfesten Emotionen der Wut, der Gewalt und die Liebe. Die feinfühligen Tastsinne der Seele sind ausgesprochen hilfreich, ja Voraussetzung für einen guten Zuhörer, der Fragen stellen will.
Erwachsene treffen sich nach Feierabend im Philosophischen Salon zu einem Brettspiel, bei denen sie nur eine grobe Vereinbarung kennen. Die Spielregeln werden zu Beginn erklärt. Beim ersten Würfeln beginnt das Mensch-ärger-dich-nicht Spiel. Der Einführung und damit der Startlinie wird der Rücken gekehrt. Diskutiert wird über die erste Hürde. Von welcher Seite ist sie am besten zu überqueren? Die vielen Hürden danach würde sie verstummen lassen, aber die sehen sie erst gar nicht.
Entweder philosophieren wir miteinander oder wir spielen gegeneinander Fußball.
Das ist meine Empfindung nach mehreren Besuchen eines Philosophischen Salons an Abenden an ganz gewöhnlichen Tagen. Ich weiß, dass ich werte und vereinfache. Aber so bin ich eben emotional:-)